Lange Opern und Konzerte belasten schnell unsere Haltung. Gerade der rechte Daumen muss beim Englischhorn viel aushalten. Das Gewicht des Instruments kann dann zu Schmerzen im Daumensattelgelenk führen oder sogar eine Sehnenscheidenentzündung begünstigen. Abhilfe soll ein für das Englischhorn entwickelter Stachel schaffen. Reeds ´n stuff hat nach langer Entwicklungsarbeit nun ein Modell vorgestellt.
Viele Oboisten kennen das Problem. Lange Dienste im Graben oder auf der Konzertbühne ermüden nicht nur unsere Lippen, sondern bringen auch eine hohe Belastung auf unseren Haltungsapparat. Angefangen von unseren Fingern, weiter über die Hände ziehen sich die Verspannungen über die Arme meist bis in den Rückenbereich. Ursächlich dafür ist die auf Dauer sehr einseitige Haltung und Belastung. Gerade das Gewicht des Englischhorns bereitet vielen Instrumentalisten Probleme. Die bisherige Lösung mittels Tragegurtes entlastet zwar den Daumen und die Arme ein wenig, aber verlagert das Problem meist nur in den Nacken. Verspannungen, Rückenschmerzen bis hin zu Kopfschmerzen sind die Folge.
Die Idee liegt nahe und ging sicherlich schon vielen Englischhornisten durch den Kopf. Warum gibt es keinen Stachel für das Englischhorn, wie bei der Bassklarinette oder dem Bassetthorn?
Das Problem ist die Anbringung. Das für den Klang sehr wichtige "Ei" im Becher behindert die Montage, denn gerade der untere Teil des Instruments ist bei den Oboeninstrumenten von entscheidender
Bedeutung für den Klang. Hinzu kommt die unterschiedliche Bauweise der Englischhörner. Bei Instrumenten mit Tief B ist oftmals noch eine Klappe auf dem Becher montiert, was eine Anbringung über
dem "Ei" behindert.
Reeds 'n stuff hat nun eine Lösung gefunden, welche ohne Umbau des Instruments funktioniert und den Klang nicht negativ beeinflusst. Der neue Englischhornstachel kann ganz einfach am "Ei" im Becher angebracht werden. Der Becher wird dabei mittels eines stabilen Gummis in einem Holzgestell befestigt. Die aufgefädelten Holzkugeln verhindern hierbei das direkte Aufliegen des Gummibandes, da dieses dämmend auf Schwingungen im Instrument und somit negativ auf Resonanz und Klang wirken würden.
Die Anbringung funktioniert schnell und beschädigt nicht das Instrument, da das Gummi keine große Spannung besitzt, sondern nur für einen sicheren Sitz sorgt. Die Last des Instruments liegt vollständig auf der Holzeinfassung. Als Material der Kugeln und der Fassung hat sich Ahorn durchgesetzt, da es klanglich in vorangegangenen Tests am besten funktionierte.
Der höhenverstellbare Stachel besitzt zwei unterschiedliche Spitzen, die durch einfaches Umdrehen der Metallstange genutzt werden können. Die Metallspitze kann bei unedlem Bühnenboden, Teppich oder Podesten genutzt werden. Auf hochwertigen Parkett empfiehlt sich eher die mit Kunststoff bekleidete Spitze, um keine Beschädigungen hervorzurufen.
Äußerst positiv ist auch die Beeinflussung der Resonanz. Durch die Übertragung der Schwingungen auf den Stachel und auch auf den Bühnenboden ist das Englischhorn deutlich voluminöser. Der Klang erscheint größer und ist je nach Bodenbeschaffenheit auch lauter, was den Einsatz im Orchester erleichtert.
Um weiterhin einen schnellen Wechsel zur Oboe zu gewährleisten musste auch ein dazugehöriger Ständer entwickelt werden. Ähnlich wie beim Fagott oder der Bassklarinette ruht das Englischhorn in einem leicht angeschrägtem Gestell. Die üblichen Englischhorn- und Oboenständer können leider mit dem Stachel nicht mehr genutzt werden. Das Modell von Reeds `n Stuff ist zusammenklappbar und dadurch transportabel. Im Set enthalten ist zudem noch eine Transporthülle für Stachel und Ständer. Auf Tourneen oder Muggen muss somit nicht auf den Stachel verzichtet werden.
Bei schnellen Wechseln empfiehlt es sich übrigens den Ständer direkt vor sich zu stellen und den Stachel in der unteren Halterung zu belassen. Dann kann man das Englischhorn schnell abstellen und zur Oboe greifen. Falls der Ständer dabei rutschen sollte, einfach einen Fuß auf ein Bein des Ständers stellen.
Optimal wären eventuell auch eine Nachrüstung mit rutschfestem Material unter dem Ständer oder die schwer transportable Abstell-Variante der Fagotte oder Bassklarinetten.
Die Möglichkeit das Englischhorn nun im Orchester beim Spielen abzustellen ist, denke ich, eine Revolution. Weniger Haltungsschäden, lockere Fingertechnik und nebenbei eine höhere Resonanz sind Vorteile auf die viele Oboisten gewartet haben. Reeds 'n stuff hat mit seinem Stachel eine neue Art des Englischhorn-Spielens eingeleitet. Optimierungsbedarf wie beim Cello durch unterschiedliche Spitzen, einem gebogenen oder geknickten Stachel sind nur eine Frage der Zeit. Es bleibt also spannend.
Kommentar schreiben