Das große Thema der Hülsen ist für den Oboisten immer wieder ein interessantes Feld. Obwohl es diese mittlerweile in alles möglichen Formen und Materialien gibt, kommen doch immer wieder Neuheiten auf den Markt. Auf den ersten Blick scheinen die neuen Hülsen Apollon und Eterion nicht besonders, aber schaut man genauer hin, sind gerade diese zwei neuen Typen eine wahre Besonderheit.
Um die Besonderheiten dieser Hülsen zu verstehen, müssen wir ein wenig in die Vergangenheit schauen. Als der Hülsenmarkt noch nicht so breit gefächert war und es nur einige wenige Hersteller gab, waren Hülsen ein rares Gut und die Qualität sowie die Maße schwankten sehr stark. Trotz dieser Schwankungen gibt es alte Hülsen, die bis heute hervorragend funktionieren und ideale Klangeigenschaften haben. Die heutige Technik ist in der Fertigung viel genauer und die verwendeten Materialien sind homogener und leichter zu verarbeiten. Dennoch vermissen einige Oboisten die Hülsen von früher. Ein Name, der dabei immer wieder fällt, ist Klopfer.
Die Maße der Klopfer-Hülsen wurden in den letzten Jahren deshalb schon vielfach kopiert. Die Original-Hülsen von damals erfreuen sich jedoch noch immer großer Beliebtheit und werden von einigen Oboisten gepflegt, mit neuem Kork bezogen und gespielt.
Worin liegt also das Geheimnis der alten Klopfer-Hülsen?
Die Maße von Klopfer
Natürlich spielen die Maße einer Hülse eine ganz wesentliche Bedeutung. Glücklicherweise besitze ich noch einen Original Klopfer D12 Dorn, welchen ich, wie bei meinen anderen Hülsentests,
vermessen habe. Auffällig dabei war, dass im Gegensatz zu fast allen anderen Dornen, die ich vermessen könnte, bei Klopfer die elliptische Form am oberen Ende sehr schnell in die runde Form
übergeht. Bereits nach 10 mm sind die Klopfer Hülsen somit innen komplett rund.
Vergleicht man diese Werte nun mit vielen anderen Hülsen, so stellt man fest, dass es dies wirklich nur bei Original-Klopfer Hülsen gibt. Selbst die Guercio Hülsen (ehemals Klopfer-Kopie) bleiben
viel länger elliptisch und haben somit nicht mehr viel mit Klopfer zu tun. Einzig das Klopfer Originalmodell von Gottfried Möckel hält sich noch an die alten Maße.
Innenmaße Klopfer-Hülse D12:
Das Material
Die gewählte Metalllegierung, aus der die meisten Hülsen heute gefertigt werden, ist Messing. Da es sich dabei aber immer um eine Legierung, also eine Mischung aus Metallen handelt, ist die Zusammensetzung von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Neben den Klangeigenschaften stehen vorallem die Verarbeitungseigenschaften und die Bezugsquellen im Vordergrund.
Die Legierung der Klopferhülsen hat den großen Vorteil, dass die Hülsen viel dünnwandiger gefertigt werden können, was sich sehr positiv auf das Schwingungsverhalten auswirkt. Leider gibt es die Fabrik, in der das Rohmaterial der Hülsen hergestellt wurde, nicht mehr. Vor der Schließung hat Gottfried Möckel, nach eigener Aussage, noch alle Restbestände aufgekauft um weiterhin die Original Klopfer-Hülsen anbieten zu können. Wie lang dieser Vorrat noch hält, weiß wohl nur er.
Da er somit der einzige ist, der im Moment noch die Originale fertigen kann und diese sehr gefragt sind, ist es leider nur mit sehr langen Wartezeiten möglich überhaupt an eine kleine Menge der Hülsen zu kommen.
Die Lösung
Dank der modernen Technik kann man heutzutage mittels Metallanalyse sehr leicht herausfinden welche Legierung für die Klopfer-Hülsen verwendet wurde. Heiko Frosch von Oboe-Shop hat dies nun getan und sich ans Werk gemacht eine Alternative zu finden. Die zwei neuen Hülsen Apollon und Eterion bestehen zwar nicht exakt aus der gleichen Legierung wie die alten Klopfer Hülsen, jedoch aus einer viel stabileren Zusammensetzung als die gewöhnlichen Messing-Hülsen, wodurch auch hier eine dünnere Wandstärke möglich wird. Die Schwingungen können dadurch viel besser im Oboenrohr übertragen werden und verleihen den Hülsen ein sehr gutes Spielgefühl.
Die Maße der neuen Hülsen orientieren sich ebenfalls an denen von Klopfer. Komplette Kopien sind es aber nicht und sollen es auch nicht sein! Das wäre auch gegenüber Gottfried Möckel, der ja noch die Originale anbietet, nicht fair.
Die entscheidenden Maße, welche das Besondere bei Klopfer ist, wurden aber übernommen. Bei beiden Modellen wird die eliptische Form sehr schnell in die komplett runde Form übergeleitet. Apollo und Eterion sind nach ca.12 mm vollständig rund und nehmen dann gleichmäßig bis zu einem Durchmesser von 4,5 mm zu.
Gefertigt werden die Hülsen und Dorne übrigens von Chiarugi, die durch ihre sehr gute und vor allem gleich bleibende Qualität überzeugen.
Apollon
Apollon ist der Klopfer D10 Hülse angelehnt. Sie startet oben sehr schmal, wobei in der Horizontalen die ersten 10 mm kaum eine Zunahme zu bemerken ist. Danach erreicht sie schnell die runde Form und nimmt stetig bis 4,5 mm am unteren Ende zu.
Eterion
Eterion ist der Klopfer Hülse D12 entlehnt und besitzt ab ca. 20 mm auch exakt deren Maße. Nur im oberen Bereich ist sie minimal weiter. Die charakteristische runde Form ab ca. 12 mm ist auch hier wieder vorhanden.
Das Spielgefühl
Wie bei meinen vorangegangenen Hülsentests wurde ebenfalls mit ein und demselben Rohr getestet. Durch Ersetzen der Wicklung mit Heißkleber kann man den Holzteil des Oboenrohres schnell auf eine neue Hülse umstecken. Dadurch wird ein direkter Vergleich der Hülsen möglich, ohne den Faktor des unterschiedlichen Holzes einzubeziehen.
Das Spielgefühl der Hülsen ist wirklich sehr gut. Sie schwingen gut und der Klang ist voll und rund. Interessant ist vor allem der Vergleich zur Möckel-Hülse (Klopfer Original). Man spürt die
Ähnlichkeit sofort! Intonation, Ansprache und auch der Klang sind sehr ähnlich, was sicherlich an den fast identischen Maßen der Hülse liegt.
Persönlich komme ich auf Eterion am besten zurecht, da ich für gewöhnlich auf einer Möckel D12 spiele. In der Höhe ab a2 gefällt mir Etrion sogar noch ein wenig besser, da der Klang noch ein
wenig voller und voluminöser ist. Eventuell liegt dies an dem minimal weiteren, oberen Bereich.
Für Oboisten die lieber eine etwas engere Hülse bevorzugen, eignet sich die Apollon Hülse. Da diese einer D10 Hülse entspricht, rücken hier die Höhe und die Tiefe etwas weiter zusammen.
Insgesamt sind die Hülsen wirklich gut gelungen und auch zu empfehlen. Gerade Klopfer-Fans können hier eine Alternative finden.
Fazit
Die beiden neuen Hülsen Eterion und Apollon sind eine tolle Bereicherung für Oboisten. Es sind Hülsen die eine Lücke gefüllt haben, denn an die Originale von Klopfer/Möckel kommt man nur sehr schwer. Im Gegensatz zu anderen Kopien sind diese nun endlich eine echte Option. Klanglich überzeugen sie absolut, aber auch das Spielgefühl und die Intonation sind einwandfrei.
Die Qualität von Kork und Metall sind ebenso ausgezeichnet. Da die Hülsen von Chiarugi gefertigt werden, entsprechen sie den höchsten Ansprüchen und passen exakt auf den Dorn. Die Streuung der Maße ist bei meinen getesteten Exemplaren sehr gering, bis sogar fast gar nicht vorhanden.
Zu kaufen gibt es die Hülsen bei Oboe Shop.
Für Spieler, denen Eterion zu weit und Apollon zu eng ist, gibt es übrigens auch bald eine Option. Die entsprechende Alternative zur D11 Hülse erscheint demnächst. Natürlich wird Oboe-Blog wieder berichten und testen!
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Thomas (Sonntag, 16 September 2018 17:25)
Just a comment to the wall thickness of the new staples. I've bought a few Eterion and I feel something is quite appealing about them, though I will test for a longer period before making up my mind completely. I normally play Chiarugi 2 staples, and the wall thickness seem thinner on those than on the Eterion. Reading your article about the new Staples I expected thinner walls.
Grüße
Thomas
Heiko Frosch, Oboe Shop (Dienstag, 18 September 2018 09:10)
I am glad you find the new staple appealing.
In fact the brass is less thick on Eterion and Apollon staples.
By looking at it however you hardly can see it, as when processing the material ("Umformen") -especially at the tip - the material is pressed.
Best regards
Heiko Frosch
Bernd Schulz (Dienstag, 20 November 2018 22:27)
Heiko Frosch hat mir dankenswerterweise ein paar Eterion - sowie Apollon-Hülsen als Testobjekte zur Verfügung gestellt. Gerade in der momentan herrschenden Hochsaison ist die Zeit, die ich für Experimente mit neuen Hülsen zur Verfügung habe, sehr begrenzt, aber heute habe ich es endlich geschafft, eines meiner eigenen Rohre von einer 47er Guercio D12 auf eine 47er Apollon (den im Vergleich engeren Durchmesser habe ich bewusst gewählt, da die Töne ab dem a2 auf meiner Mönnig AM 155 manchmal dazu neigen, etwas nach oben auszubrechen) umzubinden - und das Ergebnis ist sehr überzeugend! Das zuvor zwar spielbare, aber nicht unbedingt begeisternde Rohr hat deutlich an Volumen und Brillanz gewonnen; zudem intoniert es nahezu perfekt. Ein Problemchen gibt es nur mit dem mangels Resonanzklappe generell etwas empfindlichen f2 - hier nehme ich zunächst eine im Vergleich zur Guercio D12 dezent größere Instabilität bzw. Tendenz nach unten wahr. Aber ansonsten bin ich von den Eigenschaften der neuen Apollon-Hülsen unerwartet positiv überrascht!